Die Fahrt beginnt: Und gleich der erste Abschnitt verläuft sehr turbulent. Denn Flüsse entspringen oft in regenreichen Gebirgen und müssen daher große Höhenunterschiede überwinden. Deswegen geht es ganz schön bergab und das Wasser fließt sehr schnell. Bei solch einer Wildwasserfahrt muss unser Schiff aufpassen, dass es die Wellen und kleinen Wasserfälle ohne umzukippen übersteht. Immerhin fließt der Bach wegen der starken Strömung recht gerade und nicht auch noch in Kurven, bei denen man aufpassen müsste. |
|
Kurven statt geradeaus!
Im zweiten großen Abschnitt, dem Mittellauf, nimmt das Gefälle des Flusses ab und seine
Strömung ist deswegen gleichmäßiger und geringer. Die schwächere Strömung und
die größere Wassermenge, die der Fluss nun transportiert, führen dazu, dass er sich
allmählich eher in Kurven durch die Landschaft schlängelt als schnurgerade zu fließen.
Diese Kurven werden als Mäander bezeichnet. Aus der Perspektive unseres Schiffs, das zum Beispiel gerade
einer Linkskurve folgt, wirkt das rechte Ufer wie eine steile Klippe, von denen sich das Schiff natürlich
möglichst fernhalten sollte. Dieser Prallhang entsteht an der Außenseite einer Flusskurve, wenn ein
Uferbereich aus einem lockeren Boden besteht. Dann wird vom Wasser Erde abgetragen und mitgeschleppt, so dass
der Fluss sein Bett an dieser Stelle ausweitet. Weiter flussabwärts lagert sich das mitgeschleppte Material
an Stellen mit besonders ruhigem Wasser wieder ab und füllt das Flussbett entsprechend auf. Es entstehen
also an den Innenseiten der Kurven - bei geringerer Strömung - Sand- und Kiesbänke, die sogenannten
Gleithänge. Das Schiff nimmt die Gleithänge als schöne, flache Sandstrände wahr, denen es
aber auch nicht zu nah kommen darf, damit es nicht auf Grund läuft.
Interessanterweise könnte dieselbe Linkskurve, in der sich unser Schiff jetzt gerade befindet für ein zweites Schiff ganz anders aussehen, wenn man es Jahre später losschickt. Denn das ständig arbeitende Flusswasser baut seine Mäander immer weiter aus. Allmählich rücken die Flussschleifen näher und näher zusammen bis der Fluss irgendwann durchbricht und sich wieder geradere Laufformen sucht. Der abgeschnürte Teil des bisherigen Flussbettes bleibt als sogenannter Altarm, eine Art langgestreckter See neben dem neuen Flusslauf erhalten. Altarme können auch bei Hochwasser entstehen, wenn der Fluss seine nachfolgenden Flussschlingen mit überschwemmt. Beim Abfließen des Hochwassers kann es dann passieren, dass er sich nicht wieder in sein altes, kurvenreiches Bett zurückzieht, sondern direkt entlang des Gefälles gerade abfließt. Einmal entstandene Mäander sind also keineswegs von Dauer und die umliegende Landschaft wird vom Fluss ständig geformt und umgestaltet.
Ruhe vor dem Meer
Wenn sich das Gefälle des Flusslaufes noch weiter verringert und das Wasser langsam dahinfließt,
hat unser Schiff den letzten großen Flussabschnitt, den Unterlauf erreicht. Hier kann es seine Reise nun
wirklich gemächlich angehen lassen. Die geringe Fließgeschwindigkeit lässt dem Wasser Zeit,
sich zu erwärmen. Mit seiner beachtlichen Breite wird der Fluss kaum mehr von umliegenden Pflanzen beschattet
und ist im Gegenzug der Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Beides führt dazu, dass die Temperatur des Wassers
stromabwärts steigt. Starke Temperaturschwankungen von über 20°C zwischen Sommer und Winter sind keine
Seltenheit.
Im ruhigen Wasser sinkt auch langsam der größte Teil des bisher mitgeschwemmten Materials zum
Flussgrund. Das betrifft vor allem feine Sedimente wie Sand oder Lehm, weil die gröberen Stoffe wie
Kiesel wegen ihres größeren Gewichts meist schon vorher abgelagert wurden. Wegen der Sonneneinstrahlung
können nun auch Wasserpflanzen gedeihen und unser Schiff muss aufpassen, dass es sich nicht verheddert.
Insgesamt wirkt das Wasser mit dem feinen Material, den Algen und anderen Schwebstoffen, im Unterlauf viel trüber
als im Mittel- oder Oberlauf.
Die Mündung ins Meer rückt näher und die Reise unseres Schiffs neigt sich dem Ende zu. Zum Schluss
wird es aber noch einmal interessant: Denn im Bereich der Mündung vermischt sich das Süßwasser des
Flusses mit dem Salzwasser des Meeres, das unterstützt von den Gezeiten teilweise bis weit in den Flusslauf
vordringen kann. Diese Wassermischung wird Brackwasser genannt. Nur wenige Tiere sind dem schwachen Salzgehalt
des Brackwassers angepasst, so dass sich hier eine Artenzusammensetzung ausbilden kann, die nirgendwo sonst im
Flusslauf vorkommt. Nach diesem Abschnitt ist das Meer erreicht. Aber mit ein bisschen Glück findet sich
vielleicht eine Meeresströmung, die die Reise des Schiffs zu einem unbekannten Ziel fortsetzen kann...
Keine klare Gliederung bei der Leine
Das Gefälle, der Boden, das Klima und andere Bedingungen, die einen Fluss beeinflussen, sind zu
![]() |
In Leinefelde: Die Leine fließt im künstlichen Kiesbett durch die Stadt. Quelle: Ralf Strobach |
zurück zur Website | nach oben | |