21. Strom aus dem Strom

- Das Wasserkraftwerk und der Aufstieg der Fische

Herrenhausen
Fast 300 Jahre ist es her, dass in Herrenhausen die Leine mit einem Wehr aufgestaut wurde. Zwei Meter Stauhöhe - der Fluss war durchtrennt, für Fische und Kleinlebewesen war seit 1722 das Durchkommen nur noch flussabwärts möglich. Aufgestaut wurde die Leine, um mit der gleichzeitig errichteten Wasserkunst, dem Wasserhebewerk und einem Wasserleitsystem die große Fontäne im Großen Garten zu betreiben.
Schematische Aufsicht:
Wasserkraftwerk Herrenhausen;
277 Jahre hat es gedauert, bis aus dieser Fallhöhe elektrischer Strom aus dem Strom gewonnen wurde. Anfang Oktober 1999 nahm der erste Ökostromkunde der Stadtwerke Hannover AG das Wasserkraftwerk Herrenhausen mit einem Knopfdruck offiziell in Betrieb. In vier Jahren Planung und Bauen wurden Gutachten geschrieben, Untersuchungen angefertigt, 5800 m3 Erde ausgehoben und über Schiffe abtransportiert, sowie 4000 m3 Beton eingebaut. 11 Millionen DM (= 5,62 Mio €) hat das Kraftwerk gekostet.
Das Wasserkraftwerk Herrenhausen;
Vor dem Kraftwerk hält ein Rechen Treibgut und Fische von den Turbinen ab, ein Schieber zieht das Treibgut wie ein Scheibenwischer regelmäßig weg. Mit einer Fallhöhe von 2,10 Metern treibt das Leinewasser zwei sogenannte Kaplan-Rohrturbinen an. Diese Turbinen ähneln einer dreiflügeligen Schiffsschraube und haben einen Durchmesser von 1,95 Metern. Sie haben eine elektrische Leistung von jeweils 470 kW, also zusammen 940 kW.
Die Stromproduktion hängt von der Wassermenge ab, die durch die Leine fließt, im Normalfall sind dies etwa 50 m3 in der Sekunde. Die Wassermenge kann aber bei Niedrigwasser auf 16 m3/s sinken und bei Hochwasser auf 253 m3/s steigen. Dann fließt das überschüssige Wasser wie früher über
Die Fischtreppe des
Wasserkraftwerks Herrenhausen;
die Wehranlage. Bei Hochwasser kann es auch vorkommen, dass es gar keine Fallhöhe mehr gibt, dann steht das Kraftwerk still. Jährlich werden im Durchschnitt 3,3 Millionen kWh Strom erzeugt, genug um 1500 Haushalte mit Strom zu versorgen.
277 Jahre hat es auch gedauert, bis Fische wieder flussaufwärts schwimmen können. Denn mit dem Kraftwerksbau hat die Stadt Hannover einen Fischpass gebaut. Auf einer Länge von 95 Metern überwindet dieser etwa 2,20 Meter breite Kanal einen Höhenunterschied von 3,25 Meter. Er besteht aus 25 kleinen Einzelbecken und ermöglicht so den Fischen ein "stufenweises" Hinaufschwimmen um das Wehr herum. Damit die Fische unterhalb des Wehres den "Eingang" in den Fischpass finden, ist am unteren Ende des Fischpasses eine starke Leitströmung erforderlich. An dieser Strömung orientieren sich die Fische bei ihrer Wanderung stromauf und finden so den Weg durch den Fischpass. Zusätzlich wurde im Kraftwerk ein Aalrohr eingebaut, um laichbereiten Aalen in kalten Neumondnächten das Wandern flussabwärts zu erleichtern. Doch sie scheinen ebenso gerne den Fischpass zu benutzen. Kleinlebewesen können trotz des Fischpasses das Wehr nicht überwinden. Sie wurden bei den Bauplanungen nicht berücksichtigt, da sich oberhalb des Wehres ein großer Stillwasserbereich befindet, der für diese Arten unüberwindbar bleibt.

Schneller Graben
Bereits seit dem 3.11.1922 wird am Maschsee elektrischer Strom aus dem Strom gewonnen: Das Wasserkraftwerk Schneller Graben.
Der Schnelle Graben;
1738 beschloss der Rat der Stadt Hannover, ein Leinewehr zu bauen und einen Teil des Leinewassers an der Stadt vorbei in die Ihme abzuleiten. So sollte die Stadt - insbesondere bei Hochwasser - vor den Leinefluten geschützt werden. Der Schnelle Graben und das Wehr wurden gebaut. Aber bereits 1449 wurde ein "Snellegrave" und 1474 ein Wehr erwähnt, die in der Nähe lagen.
Im März 1920 wurde beschlossen, in das Wehr ein Wasserkraftwerk einzubauen, das zweieinhalb Jahre später in Betrieb genommen wurde. Das 1983 renovierte Kraftwerk erzeugt jährlich ca. 3,1 Millionen kWh, womit gut 1400 Haushalte versorgt werden können. Das Wasser "fällt" aus einer durchschnittlichen Höhe von 2,77 Metern durch zwei senkrecht angeordnete, sogenannte Francis-Schacht-Turbinen mit 28 Leitschaufeln und einem Durchmesser von 2,05 Metern.
Schema des Wasserkraftwerks
Schneller Graben;
Auch dieses Wehr verhindert die Durchgängigkeit der Leine für die Wasserlebewesen. Dabei ist die Leine das Verbindungsgewässer zwischen Harz, Weser-Leinebergland und Weser-Aller-Flachland. Mit Hilfe eines 1500 Meter langem und am Grund 2,50 bis 3 Meter breiten Umflutgewässers wird diese Verbindung wieder hergestellt, Fische und Kleinlebewesen können so das Wehr umgehen. Das künstlich angelegte Gewässer wurde mit Erlen und Sträuchern möglichst naturnah gestaltet.

Döhrener Wolle
Auch in Döhren versuchte der Mensch die Kraft des Wasser zu nutzen. Bereits Anfang des 15. Jahrhunderts bestand in Döhren eine Wassermühle, die durch das 1667 angelegte Wehr noch besser arbeiten konnte. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Mühle in eine Wollwäscherei, die sogenannte Döhrener Wolle umgewandelt.

Weitere Links
Handel, Pest und Eisenbahn - Die Geschichte der Flussnutzung
Mensch und Natur - Wie naturnah ist ein Fluss?
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Jetzt muss das Wehr wegen Baufälligkeit renoviert werden. Ob ein Investor ein neues Wasserkraftwerk integriert, ist noch unklar. Es wurde aber bereits ein Umflutgewässer gebaut, das die Leine unter- und oberhalb des Wehres an der Döhrener Wolle verbindet. Durch die gut 800 Meter lange und 1-3 Meter breite Verbindung können Fische und Kleinlebewesen das etwa 2,50 Meter hohe Wehr überbrücken.

Kontakt:
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Matthias Faflik
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